Die Einsatzkräfte der Feuerwehr Weilbach wurden von der Firma Continental zu einem Kurzlehrgang für Hochvolt-Fahrzeuge eingeladen. Die rund 25 teilnehmenden Einsatzkräften wurden durch den Leiter der Conti-Akademie, Tobias Stephan, begrüßt. Herr Stephan führte in die Inhalte der fachkundigen Unterweisung der Stufe 1 für Hochvolt-Fahrzeuge ein. Hierbei ging es um das Bedienen von Fahrzeugen im Einsatzfall, die technischen Komponenten der Niedervolt- und Hochvolt-Anlagen in den gängigen Fahrzeugen sowie den Gefahren, die von diesen Komponenten ausgehen und wie im Brandfall bei brennenden Elektro-PKWs oder in der technischen Hilfe bei verunfallten Elektro-PKWs vorgegangen werden kann.

Hochvolt-Anlage als Gefahr für Einsatzkräfte

Elementar für den Eigenschutz der Einsatzkräfte ist das Wissen um die Gefahren, die von Hochvolt-Fahrzeugen ausgehen. Allgemeine Tätigkeiten an den Fahrzeugen unterliegen den Einsatzgrundsätzen und den Gefahren an der Einsatzstelle. Hierzu gehört, dass bei verunfallten Elektro-Fahrzeugen die Hochvolt-Komponente eine besondere Gefahr bedeutet. Die Spannungsfreischaltung dieses Hochvolt-Systems ist dabei entscheidend, bevor Einsatzkräfte im Gefahrenbereich eines verunfallten Elektro-PKWs tätig werden. Eine wichtige Erkenntnis ist dabei die herstellerübergreifenden Erkennungsmerkmale der organgefarbenen Verkabelung der Hochvolt-Komponente im Motorenbereich, bei manchen Herstellern auch im Bereich des Unterbodens sowie der Hinterachse. Für Einsatzkräfte bedeutet dies eine noch sorgsamere Erkundung im Einsatzfall.

Elektro-PKWs sind mehrfach gesichert. Was bedeutet, dass die Hochvolt-Anlage in Ihrem Elektro-PKW risikofrei für den Fahrzeugführer ist. Mehrfache Kontrollen prüfen kontinuierlich auf Beschädigungen, Abfall von Widerständen und schalten die komplette Anlage aus. Beispielsweise führt das Auslösen des Airbags, egal welcher, zu einer Komplettabschaltung der Hochvolt-Anlage bei dem verunfallten Elektro-PKW. Für Einsatzkräfte ist das ein klares Zeichen dafür, nun die Gefahr der Hochvolt-Anlage anders zu handhaben. Dennoch wird empfohlen, die Spannungsfreischaltung über einen für die Feuerwehren entwickelten Zugang im Motorraum vorzunehmen.

Brand von Elektro-PKWs

Statistisch ereignen sich in Deutschland ca. 15.000 Fahrzeugbrände pro Jahr (lt. Verband der deutschen Versicherungswirtschaft 2021). Ein für Feuerwehren problematischer Einsatz ist der Brand der Energiekomponente des Elektro-PKWs, also der Lithium-Ionen-Batterie, bestehend aus vielen kleinen Akku-Stacks. Die Batterie-Komponente ist mehrfach gesichert und mit einem geschlossenen Flüssigkeitskühlmittelsystem verbunden. Eine Wärmeentwicklung der Batterie-Komponente im Einsatz stellt eine Gefahr für die Einsatzkräfte dar. Meist entsteht dies durch eine Deformierung der mehrfach geschützten Batterie-Komponente. Temperaturbereiche ab 70°C gelten dabei als eine wichtige Grenze zur Beurteilung einer Gefahrenausbreitung an der Einsatzstelle. Die Feuerwehr Weilbach führt auf den Einsatzfahrzeugen zwei Wärmebildkameras mit, mit denen Erwärmungen über diesen Temperaturbereich hinaus frühzeitig kontrolliert und erkannt werden können.

Sofern eine chemische Reaktion oder ein Brand eines Fahrzeugteils die Batterie-Komponenten eines Elektro-PKWs entzünden lässt, ist ein Löschen nicht mehr möglich. Die Batterie-Komponente brennt einfach aus, was im Zeitraum von mehreren Stunden liegen kann. Sämtliche verfügbaren Löschmittel, wie bspw. Wasser, Wasser mit Löschmittelzusätzen, wie Löschschaum mit verschiedenen Verschäumungszahlen (Leicht-, Mittel- oder Schwerschaum) oder Löschpulver, führen nicht zu einem nachhaltigen und positiven Löscheffekt. Als Einsatzmittel wird Wasser vornehmlich zur Kühlung eingesetzt, die zur Unterbrechung des Brands führen kann. Doch die chemische Reaktion in der Batterie-Komponente wird nach kurzer Zeit wieder zu einem Brand führen, der im Temperaturbereich um die 1.000°C abläuft.

Problematisch hierbei ist eine weitere chemische Reaktion. Lithium-Ionen-Zellen, die sich durch Wärme, Überladung oder mechanische Beschädigung zersetzen oder thermisch durchgehen, blasen ihren Inhalt unter Überdruck nach außen ab. Dabei entsteht ein meist weiß-grauer Nebel, der Elektrolyten und andere Zellbestandteile enthält. Dieser kann sich entzünden und damit eine Stichflamme verursachen. Das im Elektrolyt enthaltene Lithiumhexafluorophosphat (LiPF6) ist sehr wasserempfindlich und wird mit der Luftfeuchtigkeit und dem Löschwasser unter Bildung von Fluorwasserstoff (HF, Flusssäure) und Phosphorsäure (H3PO4) reagieren. Flußsäure ist ein Atemwegsgift, kann auf der Haut zu Verätzungen führen, und stellt somit eine Gefahr für die Einsatzkräfte sowie die direkte Umgebung dar. Deshalb wird Löschwasser nicht nur primär zur Kühlung eingesetzt, sondern auch, um die Säurekonzentrationen als Produkt aus der brennenden Batterie-Komponente niederzuschlagen und zu reduzieren.

Digitale Rettungskarten

Ein Appell an alle Fahrzeugführer: Feuerwehren greifen auf Rettungskarten von Fahrzeugen zu. Bei den unzähligen Modellvarianten gibt es gerade im stressigen und zeitkrischen Einsatz bei Verkehrsunfällen und Rettungsmaßnahmen wenig Zeit, die passende digitale Rettungskarte zu finden. Registrieren Sie Ihr Fahrzeug auf dieser Plattform und erleichtern Sie den Rettungskräften im Einsatzfall die Arbeit für Ihre Gesundheit.

Großes Dankeschön!

Ein großes Dankeschön gilt der Firma Continental, die mit ihrem Seminar wichtiges und essenzielles Wissen für Einsatzkräfte der Feuerwehr vermittelt und somit einen Beitrag zu besseren Rettungs- und Einsatzerfolgen ermöglicht. Der Flörsheimer Stadtbrandinspektor und Weilbacher Wehrführer Peer Neugebauer dankte im Namen aller Einsatzkräfte den Vertretern der Firma Continental für diesen sehr guten und praxisorientierten Einblick in die Welt der Elektro-Fahrzeugtechnik.

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