Neuer Einsatzleitwagen für die Flörsheimer Feuerwehren / Leistungsverzeichnis umfasst 600 Positionen

Die Ausstattungslisten moderner Fahrzeuge haben oftmals Romanformat. Doch auch angesichts schier unendlicher Individualisierungsmöglichkeiten aktueller Automobile ist ein 600 Punkte umfassendes Leistungsverzeichnis schon eine Ansage. Der Preis fällt entsprechend aus: 260.000 Euro. 32.400 Euro davon zahlt das Land Hessen, den Rest die Stadt. Und doch ist es kein handgefertigter Sportwagen mit dem Namen des mit dem Zusammenbau betrauten Mechanikers auf dem Ventildeckel eines Zwölfzylinders, der seit Neuestem im Gerätehaus der Flörsheimer Feuerwehr steht, sondern ein vergleichsweise schnöder Mercedes Sprinter. Zwar mit Allradantrieb und in schickem Feuerwehrrot, aber optisch immer noch enger verwandt mit einem Paketzustellfahrzeug als mit einem Luxuswagen. 

Der ELW 1-11, so der offizielle Name des neuen Einsatzleitwagens, glänzt vielmehr mit inneren Werten. Etwa den zwei nebeneinander angeordneten Bildschirmarbeitsplätzen mit vier Monitoren, der Vier-Kanal-Funkanlage, der Klimaanlage, dem Drucker und dem eingebauten Kühlschrank. Eine Kaffeemaschine fehlt allerdings, so weit geht der Luxus doch nicht. 

Nervenzentrum für den Großeinsatz 

Der neue ELW ersetzt ein Vorgängermodell mit Baujahr 2009, das am Ende seiner Lebensdauer angekommen war. Der neue Wagen kann alles, was der alte schon konnte, aber alles ein bisschen besser und noch einiges mehr. Zum Beispiel die Funkanlage. Die hat nun vier statt drei Kanäle, was besonders bei der Wasserrettung die Kommunikation mit den Bootsführern über einen eigenen Kanal erleichtert. 

Kommunikation ist ohnehin die große Stärke des ELW. Der Wagen wird bei größeren Feuerwehreinsätzen zum Nervenzentrum des Geschehens. Von hier aus wird die Kommunikation zur Leitstelle, zu den Führungskräften und zu den Fahrzeug- und Truppführern aufrecht erhalten, hier werden Datenbankrecherchen zu Gefahrstoffen durchgeführt oder Umfeldbeurteilungen über digitalisierte Pläne und Satellitenbilder vorgenommen. 

Bis zu 12 Feuerwehrfahrzeuge können von dem Wagen aus koordiniert werden. Sind noch mehr im Einsatz, kommt ein zweites mobiles Nervenzentrum dazu. Die Lageführung und Dokumentation erfolgt nicht mehr mit Zettel und Stift, sondern per Computer und Maus. 20 Feuerwehrleute seien schon fit für den Einsatz im Einsatzleitwagen, weitere 20 sollen für die Bedienung geschult werden. 

Über jedes Detail haben die Wehrführer Patrick Mehler (Flörsheim) und Christian Marienfeld (Weilbach) sowie der Stadtbrandinspektor und Wickerer Wehrführer Markus Kaschel intensiv gegrübelt. Hunderte Anforderungen wurden festgelegt, bis der ELW genau so war, wie ihn die Flörsheimer haben wollten. 

Eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis aus dem Leistungsverzeichnis beim Hersteller BOS in Haren im Emsland der fertige Einsatzleitwagen wurde. In ihm können sich die Feuerwehrleute wie Zuhause fühlen. Die Funkanlage wurde etwa so konzipiert, dass die Bedienung der in den Gerätehäusern der Stadt eins zu eins entspricht. Selbst die Positionierung des Außenbildschirms wurde nicht dem Zufall überlassen. Der wurde nämlich bewusst nicht in der Schiebetür platziert, sondern in der feststehenden hinteren Seitenscheibe montiert. Damit spart man sich nicht nur eine möglicherweise störanfällige, bewegliche Verkabelung, sondern sorgt auch dafür, dass der Außenbildschirm nur bei geschlossener Tür nutzbar ist. So ist sichergestellt, dass die Männer im ELW ihre Ruhe haben, wenn draußen am Bildschirm die Lage analysiert wird. In sengender Sonne oder im Regen stehen muss niemand: Eine Markise schützt vor den Unbilden des Wetters. 

Auf behördlich verengten Streckenabschnitten hilft der Feuerwehr aber auch ihr Blaulicht nicht. Der Wagen steht zwar schon einsatzbereit im Flörsheimer Gerätehaus, zugelassen ist er aber noch nicht, die Hofheimer Zulassungsstelle braucht noch Zeit. „Früher ging das auch auf Zuruf“, erinnern sich die Feuerwehrchefs, jetzt ist der Behördenweg steiniger und auch ein Allradfahrzeug kommt da nicht schneller zum Ziel. 

Auf seine Zulassung wartet auch ein weiteres neues Stück Feuerwehrtechnik, das allerdings nur mobil ist, wenn es gezogen wird. Ein Feuerwehranhänger Strom/Licht soll das Wickerer Gerätehaus als letztes in der Stadt endlich in die Lage versetzen, bei einem Stromausfall als autarker „Leuchtturm“ betrieben zu werden. Bisher mussten sich die Einsatzkräfte mit kleinen, tragbaren Generatoren von den Einsatzfahrzeugen behelfen, um das Gerätehaus halbwegs mit Strom zu versorgen.

Quelle: Main-Spitze von Donnerstag, den 9. Oktober 2025